REISS Büromöbel legt mit VlexPlus ERP Basis für Industrie 4.0 Transformation
Das in 1882 von Robert Reiss gegründete Unternehmen REISS Büromöbel GmbH, welches schon dem REISS-Brett, der REISS-Zwecke und den REISS-Rechenschiebern seinen Namen gab, ist ein traditionsreiches Industrie-Unternehmen mit Sitz im brandenburgischen Bad Liebenwerda. Das Unternehmen, das seit jeher gesunde Innovationskultur mit fortschrittlichen Technologien und Qualität im Handwerk in besonderer Weise zu vereinen weiß, vollzieht derzeit den Schritt zu einem zukunftsweisenden Industrie 4.0 Betrieb. Der Bau eines neuen, hochmodernen Werkes und die Einführung des Next-Generation-ERP-Systems VlexPlus für eine flexible Fertigungssteuerung und vernetzte Maschinenkommunikation bilden die Grundlage für den digitalen Transformationsprozess, der bis 2022 abgeschlossen sein soll. Insgesamt hat das Unternehmen eine Investition von rund 30 Mio. Euro geplant.
Die REISS Büromöbel GmbH entwickelt, produziert und vermarktet bundesweit über mehr als 270 Fachhandelspartner und weitere Vertriebsnetzwerke im europäischen Ausland hochwertige Büromöbel für Industrie, Gewerbe und Verwaltung. Das Leistungsspektrum umfasst innovative und ergonomische Büromöbelsysteme wie Steh-Sitz-Arbeitsplatz-, Kommunikations-, Akustik-, Stauraum- und Empfangslösungen – vom Einzelarbeitsplatz bis zu komplexen Objekteinrichtungen. Der zum Unternehmen des Jahres im Land Brandenburg gekürte Büromöbelhersteller verfügt über die DIN ISO 9001 und 14001 Zertifizierung, EMAS Umweltzertifizierung, Blauer Engel und eine Quality Office Zertifizierung. Rund 180 Mitarbeiter erwirtschaften am Hauptsitz in Bad Liebenwerda einen jährlichen Umsatz von über 43 Mio. Euro.
Altsystem war nicht mehr Update-fähig
REISS verfügt über eine prozessorientierte Fertigungsorganisation, die alle Prozesse von der Planung bis zur Auslieferung durchgängig aus einer Hand umfasst. Die Anpassbarkeit an individuelle Kundenanforderungen ist ein Erfolgsfaktor und zeichnet das Unternehmen bis heute aus. Die hohe Variantenvielfalt stellt dabei hohe Anforderungen nicht nur an das ERP-System, sondern vor allem an das Datenmanagement und den Produktkonfigurator im Kern der Lösung. Neue Anforderungen im Tagesgeschäft und Prozessoptimierungen machten jedoch im Laufe der Jahre immer wieder Anpassungen und Erweiterungen notwendig, die zu Lasten der Release-Fähigkeit des Gesamtsystems gingen. In der Folge konnte kein neueres Release des ERP-Systems eingeführt werden, ohne die bisherigen Systemerweiterungen zu verlieren bzw. neu programmieren zu müssen. So reifte 2014 schließlich die Erkenntnis in der Geschäftsführung, eine vollständig neue Software-Generation einzuführen, um sich zukunftssicher aufzustellen.
Technologie und Integrationsgrad von hoher Bedeutung
Die Auswahl einer zukunftsfähigen, anforderungsgerechten ERP-Software sollte dann schließlich im Rahmen einer Ausschreibung evaluiert werden. Mit Unterstützung einer externen Unternehmensberatung, die den Auswahlprozess mit ihrer Marktexpertise von der Anforderungsaufnahme und Erstellung eines Lastenheftes über die ERP-Ausschreibung bis zur Vertragsverhandlung begleitete, startete die Ausschreibung zum Januar 2015.
Besondere Anforderungen in dem Auswahlprozess stellten sich vor allem durch die hohe Wertschöpfungstiefe bei REISS Büromöbel GmbH. So mussten sämtliche Unternehmensprozesse und Fachbereiche wie z.B. Produktentwicklung/Konstruktion, Vertrieb/CRM, Büroplanung, Logistik und Fertigung abgebildet und mit der Metall- und Holzbearbeitung auch verschiedene Branchen und Fertigungsbereiche unterstützt werden. „Neben einem hohen Erfüllungsgrad unserer fachlichen und prozessualen Anforderungen im Lösungsstandard war uns dabei vor allem ein hoher Integrationsgrad der Gesamtlösung wichtig – insbesondere im Hinblick auf die Finanzbuchhaltung. Denn die Anbindung der externen Finanzbuchhaltung im Altsystem war bei komplexeren Fragestellungen in der Kostenrechnung immer mit gewissen Einschränkungen und Vorbehalten verbunden – davon wollten wir weg“, beschreibt REISS Geschäftsführer Hans-Ulrich Weishaupt. Die technologische Komponente war daneben ebenfalls ein wichtiges Entscheidungskriterium, vor allem im Hinblick auf die Folgekosten. Denn wie einfach, schnell, zuverlässig und Release-sicher am Ende eine Anforderung im System umgesetzt werden kann, hängt maßgeblich von den Möglichkeiten der zugrundeliegenden Systemarchitektur ab. Zudem sollte die Lösung über eine Vielzahl von standardisierten Schnittstellen verfügen und eine komfortable Anbindung an Drittsysteme über eine offene Schnittstelle erlauben.
Variantenkompetenz und Flexibilität versprachen mehr Sicherheit
Da REISS neben der Holzfertigung ebenfalls die komplexen Anforderungen einer Metallfertigung erfüllen muss, sollte der künftige Softwarepartner über eine gewisse Expertise in der Möbelfertigung verfügen. Um die hohe Variantenvielfalt abbilden und durchgängige Konfigurationsabläufe zu gewährleisten, musste der Variantenkonfigurator nicht nur aufgesetzt, sondern tief in das ERP-System eingebettet sein. Im Verlauf des Ausschreibungsprozesses konnten sich schließlich zwei Lösungen gegen den Wettbewerb durchsetzen, die in der Lage waren, den komplexen Anforderungskatalog zum großen Teil bereits im Standard abzubilden. „Eine solche Entscheidung hängt aber auch nicht nur am Preis und dem gebotenen Leistungspaket, sondern ist auch immer ein Stück weit Bauchsache. Die Chemie muss da auch passen. Den Zuschlag haben wir am Ende der VLEXsoftware+consulting GmbH erteilt, da für uns die Kommunikation als mittelständisches Unternehmen auf Augenhöhe und sehr konstruktiv und ergebnisorientiert war. Die hohe Variantenkompetenz und das Gefühl, mit dem Java-basierten System auch technologisch die notwendige Flexibilität für die Zukunft einzukaufen, gaben uns hier einfach das Plus an Sicherheit bei der Entscheidung“, so der Firmenchef.
Während die Kunden- und Lieferantendaten zu einem Gutteil aus dem Bestandssystem importiert wurden, sind die Produktdaten samt der zugehörigen Konfigurationsregeln in VlexPlus neu angelegt worden. Dies ging zwar mit einem zunächst höheren Initialaufwand einher, aber sind die Daten einmal sauber im System und im Regelwerk hinterlegt, profitiert das Unternehmen von einem nachhaltig hohen Automatisierungsgrad und zuverlässigen Plausibilitätskontrollen. Seit September 2017 arbeiten rund 80 Anwender bei dem Büromöbelspezialisten in allen Unternehmensbereichen mit VlexPlus im Produktivbetrieb, vom Vertrieb und Einkauf über die Fertigung, Lagerverwaltung und Warenwirtschaft bis zur Logistik und Finanzbuchhaltung.
Fertigungsoptimierung bei vollständiger Prozesstransparenz
Mit der neuen Lösung ist REISS erstmals in der Lage, die gestiegenen Anforderungen etwa im Hinblick auf einen automatisierten Datenaustausch, elektronische Bestellprozesse, den Versand elektronischer Rechnungen oder die Möglichkeit, Webshops direkt an das eigene System zu koppeln, wirtschaftlich und ohne Störungen der betrieblichen Abläufe umzusetzen. Der elektronische Datenaustausch erfolgt dabei über eine OFML- (Office Furniture Modeling Language) Schnittstelle, die im Zuge der System-Einführung von VLEXsoftware gemeinsam mit Spezialisten für 3D-Produktkonfiguration geschaffen wurde. Der bidirektionale Datenaustausch auf Basis des OFML Branchenstandards ermöglicht es REISS, eigene Webshops sowie Vertriebs-, Konfigurations- oder Katalogportale nahtlos zu integrieren und komplexe Multichannel-Strategien verfolgen zu können. Der Mitarbeiter kann somit seinen Fokus ganz auf die Prüfung des Auftrags richten und nicht auf die Erfassung der Daten im System. Davon profitiert insbesondere die Servicequalität.
Auch die Prüfung von Ressourcen und Kapazitäten zum Zeitpunkt der Auftragserfassung wird mit dem neuen System optimiert. Dank störungsfreier Materialabläufe und sauberer Rückmeldeprozesse können Materialbuchungsfehler systemseitig vollständig automatisiert überwacht werden, so dass die REISS Mitarbeiter sofort sehen, welchen Status ein Auftrag hat. Die Anbindung des ERP-Systems an das automatisierte Plattenlager und Zuschnitt-Zentrum erlaubt darüber hinaus eine automatische Maschinendatenrückmeldung und integrierte Verschnitt-Optimierung. Mehr- und Minderverbräuche aus der Schnittoptimierung werden direkt in die Bestände gebucht. Damit stellt das Unternehmen nicht nur die zuverlässige Basis für Nachka
lkulationen sicher, sondern auch, dass der gesamte Prozess mit minimalem Ressourceneinsatz abgewickelt wird. Manuelle Inventuren sind in diesem Bereich zudem nicht mehr notwendig, da dank automatisierter Materialbewegungen jederzeit höchste Transparenz beim Lagerbestand und in der Materialbuchhaltung besteht. „Durch die Optimierung unserer Fertigungsprozesse und die laufenden Fertigungsrückmeldungen wissen wir genau, an welcher Stelle des Prozesses sich das Produkt gerade befindet. Diese Informationen können wir heute direkt aus den Vlex Cockpits in Echtzeit abrufen. Umständliche Kommunikations- und Anfrageprozesse unter den Kollegen sind bei uns nun kein Thema mehr“, erläutert Hans-Ulrich Weishaupt.
Neues Werk nach Industrie 4.0 Vorbild in Bau
„Die Wettbewerbsfähigkeit eines Büromöbelherstellers hängt entscheidend von seiner Fähigkeit ab, kundenindividuelle Anforderungen ohne großen Mehraufwand umsetzen zu können. Mit der Systemumstellung haben wir die Grundlage für die Digitalisierung unserer Fertigungs- und Organisationsstrukturen geschaffen und sind überdies imstande, eine Fertigung mit Losgröße 1 sicherzustellen, ohne dass dies zu Lasten der Wirtschaftlichkeit etwa aufgrund hoher manueller Prozessanteile geht. Durch die Möglichkeit, die Fertigung flexibel etwa von der Losgrößenfertigung auf eine tagweise Einzelfertigung umzustellen, können wir künftig bei Bedarf auch die Durchlaufzeiten gezielt verringern.“
Der Bau eines neuen Werkes auf über 12.500qm Fläche, mit einem integrierten MES-Feinsteuerungssystem und mit einer zukunftsweisenden „Losgröße 1“-Anlage ist derzeit in der Umsetzungsphase. Als eines der leistungsfähigsten Werke der Branche mit modernsten Fertigungstechnologien und vernetzten, intelligenten Maschinen soll diese nach dem Vorbild der Industrie 4.0 ab Oktober 2019 ihren Betrieb aufnehmen. Die Basis für den digitalen Transformationsprozess hat REISS mit der Umstellung des Systemkernes bereits gelegt.